Paul Almasy

Reise in ein aufgeklärtes Königreich

© Paul Almasy

Der letzte König von Afghanistan, Mohammed Zahir Schah, regierte von 1933 bis 1973. 1959 begründete er den Schulunterricht für Mädchen, so wie er überhaupt die Emanzipation der Frauen förderte. 1964 führte er eine Verfassung ein, die sich an jener der französischen Fünften Republik orientierte. Unter seiner Herrschaft öffnete sich Afghanistan dem Rest der Welt.

Der französische Fotograf Paul Almasy hatte das Glück, diese Nation besuchen zu können, die davon träumte, das feudale System zu überwinden. Seine fotografische Laufbahn begann er in den 1930er-Jahren, als er in Deutschland den Beginn des Zweiten Weltkriegs dokumentierte. Anders als der Großteil der Fotoreporter jener Epoche wusste Almasy, dass sich das Geschehen in der Welt nur über Konflikte und Gewalt erzählen lässt, dass man sich dabei aber auch den sozialen Verwerfungen widmen muss. 1965 veröffentlichte er eine umfangreiche Reportage über die Wasserknappheit auf der Welt, was heute wie eine Vorausschau auf eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wirkt.

Zwischen 1950 und 1960 entdeckte er Afghanistan für sich und machte dort Aufnahmen, die heute, wo die Taliban erneut die Macht ergriffen und ein islamisches Emirat ausgerufen haben, geradezu unwirklich erscheinen. Sie zeigen ein Afghanistan, das in diametralem Gegensatz zur Welt von heute steht, das freier und – im westlichen Sinn – moderner ist; ein Land, in dem etwa ein unverschleiertes Mädchen, mit hellem, unschuldigem Blick, neben einem Jungen auf einer Schulbank sitzt. Eine Szene, wie sie nicht weiter entfernt sein könnte von den Bildern aus den Koranschulen, die uns aus dem Afghanistan von heute erreichen, wo die Taliban wieder die rigorosen Gesetze der Scharia eingeführt haben, die die Emanzipation der Frauen um hundert Jahre zurückwerfen. Ein historischer und dokumentarischer Blick auf Afghanistan, der zwar nostalgisch ist, uns aber auch die Vergangenheit dieses Landes besser verstehen lässt. Fotos, die angesichts von Fatalismus und Würdelosigkeit auch Hoffnung spenden. Sie sind mehr als nur Erinnerungen, sondern künden vielleicht auch von einer möglichen Zukunft. Einer Zukunft, die sich aus den Fesseln der Aufklärungsfeindlichkeit befreit hat.

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