Sergej Maximischin

Der slawische Geist

© Sergej Maximischin

„Die russische Seele ist eine Erfindung von Dostojewski“, so Sergej Maximischin. Seit dem Ende der Sowjetzeit dokumentiert er mit seinen Aufnahmen die ganze Widersprüchlichkeit seines Volkes. „Russland ist ein Land ohne Decke und Boden“, wie er es gerne ausdrückt. „Genialität und Dummheit, Armut und Reichtum, Niedertracht und Edelmut, das Gute und das Böse – alles findet sich hier in maßlosen Ausprägungen. Es geht mir nicht darum, ein idyllisches Russland zu beschreiben. Ich ziehe es vor, die besorgniserregenden Aspekte zu zeigen: die Entstehung der Ultra-Rechten, Alkoholismus, Religion, Tschetschenien oder Macht.“

Sergej Maximischin kam 1964 in Kertsch auf der Krim zur Welt. Diese Halbinsel, auf der die russische Schwarzmeerflotte stationiert ist, gehörte damals noch zur Ukraine, bis sie 2014 in russischen Besitz fiel. Seine regionale Herkunft ist für Maximischin jedoch nicht von Bedeutung. Er fühlt sich vor allem als Slawe. Seine Heimat verließ er schon in jungen Jahren, um in Leningrad (dem heutigen Sankt Petersburg) Physik zu studieren. Zur Fotografie kam er durch Zufall: Während des Militärdienstes erhielt er die Aufgabe, das Geschehen in der Armee in Bildern festzuhalten. In dieser Welt voller Gegensätze entstehen Bilder einer Gesellschaft, die stolz auf ihre orthodoxe Ikonografie ist, die aber auch spielerisch mit ihrer marxistisch-stalinistischen Vergangenheit umgeht: nackte Männer im traditionellen Badehaus, ein Doppelgänger Lenins auf dem Roten Platz, Mönche, die eine Ikone durch den Schnee tragen. In Russland kann man gleichzeitig mit Not und Elend und dem überschäumenden Leben auf Tuchfühlung gehen, aber auch in Nostalgie schwelgen oder sich in Nonkonformismus behaupten. 

Seine Fotografien zeigen „Russland in all seinen Facetten und nichts anderes“, sagt Maximischin. „Es ging nicht um die Erstellung eines Portfolios oder eines genauen Überblicks, aber vielleicht darum, eine Realität zu zeigen, die selten dargestellt wird. Russland wurde oft von Ausländern fotografiert, die nicht notwendigerweise in das Innere des Landes eingedrungen sind. Ihre Arbeiten erinnern häufig an einen Touristenführer. Außerdem ist Russland ein derart großes Land, dass die Russen selber es nicht besonders gut kennen.“ Seine Reise in die Gefilde des slawischen Geistes ist von einem milden Irrsinn geprägt, wie wir ihn von Dostojewski kennen.

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