Phil Hatcher-Moore

Kasachstan: die Geister des Nuklearzeitalters

© DR

Am 29. August 1949 zündete die Sowjetunion ihre erste Atombombe, „Erster Blitz“. Diese alles vernichtende Waffe ließ einen gewaltigen Atompilz in den Himmel wachsen und gab so den Startschuss für das nukleare Wettrennen zwischen den USA und der UdSSR. In den folgenden vierzig Jahren wurden auf einem Testgelände in den Tiefen der kasachischen Steppe nahe der Stadt Semipalatinsk, dem sogenannten „Polygon“, 456 Detonationen durchgeführt, sowohl überirdisch wie unterirdisch – ein Viertel sämtlicher Atomtests der Geschichte.

Der britische Fotojournalist Phil Hatcher-Moore führt uns mit seinen Bildern in diese abgelegene und von der Öffentlichkeit vergessene Gegend, die etwa die Größe Belgiens hat. Von offizieller Seite wurde sie für unbewohnbar erklärt. Aber dennoch … Schätzungen zufolge wurden etwa 200 000 Menschen als Testpersonen benutzt. Etliche mussten während der Explosionen im Freien bleiben, damit man an ihnen die Folgen der Strahlenexposition studieren konnte. Bis heute ist nicht genau bekannt, wie viele Menschen noch auf dem ehemaligen Testgelände für Nuklearwaffen leben. Die wenigen Besucher, die das Innere der verseuchten Region betreten, müssen Schutzstiefel und Masken tragen. Die Strahlenbelastung beträgt hier das 70- bis 400-fache des Normalen. Heute haben etwa 356 000 Menschen unter den Folgen der Strahlenschäden zu leiden: eine zwei bis drei Mal höhere Rate an Krebserkrankungen als im Rest des Landes, Geburtsfehler, geistige Erkrankungen und Unfruchtbarkeit.

Für dieses Projekt erhielt Phil Hatcher-Moore 2016 den Prix Photo der Fondation Yves Rocher, der in Perpignan während des Festivals Visa pour l’image vergeben wird. Er konnte ins Zentrum dieser verwüsteten Steppenlandschaft reisen, die nach dem Zusammenbruch des Ostblocks das viertgrößte nukleare Arsenal der Welt geerbt hatte. Ein belastendes Erbe, von dem sich das Land jedoch rasch befreien konnte, vor allem durch die Hilfe Russlands und der USA. Das vorhandene Plutonium wurde im Erdreich der Hügel des Polygons eingelagert, und 2012, also 63 Jahre nach der ersten nuklearen Explosion auf kasachischem Boden, der letzte Stollen versiegelt.

Die zerstörten Landschaften, die Phil Hatcher-Moore uns präsentiert, wie auch die sehr persönlichen und markanten Porträts der Bewohner des Polygons, haben eine aufrüttelnde Wirkung. Von Three Mile Island über Tschernobyl bis Fukushima – immer wieder gab es in den letzten Jahrzehnten Ereignisse, die der Welt in Erinnerung gerufen haben, welche entsetzlichen Folgen nukleare Unfälle haben können. Doch offenkundig blieben diese Warnsignale unbeachtet. Die eindrückliche Arbeit von Phil Hatcher-Moore ist ein weiteres Alarmzeichen. Es liegt an uns, darauf zu hören.

Festivaldirektor Lois Lammerhuber stellt die Ausstellung von Phil Hatcher-Moore vor

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