Boris Németh

Slowakei – I’m Lovin It

© Boris Németh

Wenn sie Boris Németh fragen würden, wie viele Kilometer er gereist sei, damit zwanzig Fotos der Ausstellung Slowakei – I’m loving it entstehen konnten, wäre die Antwort: auf jeden Fall mehr als 100 000. Vor allem, weil die ersten Fotografien zu diesem Projekt noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts entstanden sind. Zu einer Zeit, als die Slowakei gerade dabei war, den vorangegangenen Bruch in der Geschichte aufzuarbeiten – die Trennung von der Tschechischen Republik 1993 –, um sich nur 11 Jahre später für einen anderen grundsätzlichen Bruch zu entscheiden und der Europäischen Union beizutreten. Die Identität ist in der Luft hängen geblieben. Wer sind wir? Wo gehören wir hin? Was ist uns wichtig?

Slowakei – I’m loving it ist ein ironisch-sarkastischer Kommentar zur Euphorie über die Flut des Konsums – nach Jahrzehnten von der Regierung angeordneter Enthaltsamkeit oder eher Armut. Németh wählt das Paradoxe als Schlüssel, der das Verständnis für sein Thema öffnen kann. Wenn Aurel Hrabusicky die Methode des Boris Németh als Weg beschreibt, spricht diese „deutlich und nachdrücklich“ gleichzeitig auch Unklarheit, Unsichtbares und das Geheimnisvolle an. Damit überwindet er lokale Einschränkungen.

Es ist egal, ob seine Fotografien aus Bratislava oder einem fast anonymen Dorf irgendwo in der Ostslowakei kommen. Es spielt auch keine Rolle, ob seine Fotos in einem konkreten Wahljahr aufgenommen wurden, in dem diese oder jene Partei gewonnen hat. Es ist auch nicht wichtig, ob das eine oder andere Atomkraftwerk fertiggestellt wurde. In seinen Bildern ist die Identität der Slowakei ein Mosaik, das aus Widersprüchen besteht, die alle durch eines verbunden sind: Vitalität. Als ob sich hinter dem, was Boris Németh in der Slowakei entdeckt, die Gewissheit versteckt, dass das Ende nie kommen wird. Dieser Abstieg in die Tiefen der slowakischen Seele schimmert wie visuelle Magie, eine Art von Zauberei, welche die Kraft aus der Mehrdeutigkeit schöpft.

Németh gibt keine Antwort, wie die Slowakei ist, doch er stellt sie mit Freude vor einen wunderlichen fotografischen Spiegel. Die Magie Némeths entspringt aus derselben Quelle, die der französische Literatur-Nobelpreisträger Le Clézio „als die Gabe, das Brausen des eigenen Blutes während einer ruhigen Nacht zu hören“, genannt hat. Sie ist sinnlich, aber auch universell, sie überwindet individuelle, politische und nationale Grenzen. Die Kompositionen sind nicht nur präzise Beobachtungen, sondern vor allem ist er ein fotografischer Unruhestifter. Sein Werk ist faszinierend, verstörend, beunruhigend und wunderschön. 

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