Oumar Ly

Das Studio im Buschland

© Philippe Guionie/M.Y.O.P.

Nachdem der Senegal unabhängig geworden war, reiste der Fotograf Oumar Ly im Rahmen des staatlichen Programms zur Erfassung von Personendaten durch die Dörfer in der Umgebung der Stadt Podor im Norden des Landes. Seine Ankunft wurde von Tamtams angekündigt. Als Hintergrund für seine Aufnahmen dienten ihm ein aufgespannter Boubou (der traditionelle afrikanische Umhang), die weiße Tür des Citroën 2CV des Unterpräfekten oder auch der bloße fahle Himmel. Bei dieser Arbeit im Buschland begegnete der eher künstlerisch orientierte Fotograf Ly einer Reihe technischer Probleme: Er musste die passende Umgebung finden, mit gerade einmal ausreichend starkem Licht zurechtkommen und mit dem Filmmaterial haushalten. Von den zu Verwaltungszwecken angefertigten Bildern blieben nur die kleinen Ausschnitte mit den Gesichtern übrig, die Eingang in die Ausweise fanden. Lange Zeit danach kehrte Ly in die Dörfer zurück, und porträtierte die Familienältesten, Kinder und Frauen.

Im Buschland, weit entfernt von Lys Studio in Podor, das er 1963 eröffnet hatte und wo er seine Kunden vor bemalten Leinwänden und mit Accessoires inszenierte, postierten sich die Menschen völlig unprätentiös vor der Kamera. Die Dorfbewohner und der Fotograf waren frei von allen Zwängen. In die Unordnung der natürlichen Kulissen musste Omar Ly eine Ordnung bringen, allerdings nicht, um die Landschaft in ihrer Unermesslichkeit einzufangen, sondern um die Einzigartigkeit jedes seiner Modelle zu unterstreichen. Zu diesem Zweck begrenzte er den Raum. Eine Matte oder ein Teppich sorgen dafür, dass außen vor bleibt, was das Bild nur stören würde. So treten die Bildelemente deutlich hervor und fügen sich zu einem neuen Ganzen zusammen: dem Porträt. In diesen Arrangements steht nach wie vor der Mensch im Mittelpunkt, den es zu sehen und wahrzunehmen gilt. Jeder der Porträtierten zeigt sich auf seine Weise: zurückhaltend, unbeholfen, oder im Gegenteil in einer Haltung, aus der Selbstbehauptung spricht oder die die Stellung in der Gesellschaft betont.

Nachdem die Negative der Arbeiten Omar Lys jahrzehntelang in Schachteln gelagert hatten, wurden sie nun wiederentdeckt. Ihr Anblick ist äußerst bewegend, nicht zuletzt, weil sie die Bildränder enthüllen, die auf den fertigen, quadratisch zugeschnittenen Abzügen nicht mehr zu sehen sind. Dort erscheint die Landschaft, die sich heimlich in die Bilder geschlichen hat: raue, weite und trockene Flächen, auf denen vereinzelt Akazien stehen und über die die heißen Winde aus Mauretanien fegen, das gleich jenseits des Senegal-Flusses im Norden liegt.

Oumar Ly verstarb 2016 mit 73 Jahren. Sein fotografisches Erbe ist in seiner Art einzigartig.
Frédérique Chapuis

Wir danken der Familie von Oumar Ly, der Association Marie-Louise & Fils, dem Verlag Filigranes Éditions sowie der französischen Botschaft im Senegal, die uns dabei unterstützt haben, dem Werk von Oumar Ly die gebührende Anerkennung zu verschaffen.

Festivaldirektor Lois Lammerhuber stellt die Ausstellung von Oumar Ly vor

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